Usbekistan

17.6. - 8.7.2013

Statistik Usbekistan

  1. 20 Tage im Land
  2. 17 Nächte in Hotel
  3. 1 Nacht bei Privat
  4. 2 Nächte im Zelt
  5. 5 Tage im Sattel
  6. 388 km / 784 hm
  7. Keine Pannen

Freiluftklo und Grünteebrot

Diesmal klappt der Grenzübergang wie am Schnürchen. Zwar müssen wir wieder all unser Gepäck durch den Scanner schicken, aber immerhin wird nichts durchwühlt. Dafür müssen wir die Fotos auf unseren Kameras zeigen. Mir rutscht das Herz in die Hose, habe ich doch von unserer Gastfamilie und ihrem Haus Bilder geschossen und noch nicht gesichert. Sie schauen sich die Fotos verwundert an und fragen “Turkmenistan?”. Private Wohnräume werden wohl nicht von vielen westlichen Touristen abgelichtet. Zu meiner Erleichterung geben sie mir die Kamera zurück ohne etwas zu löschen. In 45 Minuten sind wir durch, bei der Einreise nach Usbekistan dauert es ebenso kurz. Voilà, warum nicht immer so?

Auch auf dem Weg nach Bukhara sagt uns der Wind weiterhin den Kampf an. Wir nehmen’s mehr oder weniger gelassen, denn im Gegensatz zu Turkmenistan haben wir keinen Zeitdruck mehr. Bis in die Stadt schaffen wir es mit diesem Wind nicht in einem Tag und müssen uns unterwegs etwas zum übernachten suchen. Gar nicht so einfach, denn alles ist besiedelt oder bewirtschaftet. Die beste Option ist, das Zelt bei einem Restaurant aufzustellen. Kaum gedacht springt ein Mann auf, fuchtelt mit den Armen und ruft “Cay, cay!”. Beim Vorbeifahren hätten wir gar nicht gemerkt, dass es ein Restaurant ist. Kaum haben wir uns gesetzt fragt er, ob wir Shashlik essen möchten. Die Spiesse sind köstlich, so dass wir gleich noch mehr bestellen. Der Wirt Calim fragt uns, wo wir denn schlafen, ob wir ein Zelt dabei hätten. Gutes Stichwort! Ob wir dieses wohl für heute Nacht auf seinem Boden aufstellen dürfen? Wir dürften, aber wir sollen doch besser gleich zu ihm nach Hause kommen. Gepäck und Fahrrad werden in der Werkstatt eingeschlossen und wir hottern in einem alten, beigen Lada mit ihm und seinen beiden Töchtern die 3 Kilometer zu seinem Haus. Die eine Tochter hält eine Schüssel mit einer dünnflüssigen Sauce in den Händen und muss bei jeder Bodenwelle (sprich: ständig) aufpassen, dass nichts überschwappt. Die Fleischstücke liegen in einer zweiten Schüssel zwischen dem Fahrer und Marcel, gleich hinter dem Schalthebel. Ich hoffe sehr, dass dies nicht das Fleisch für den heutigen Abend ist. Eine Überdosis Rind haben wir bereits intus.

Das war natürlich Wunschdenken. Klar wird uns nach Bergen von Früchten und Schokolade eine volle Mahlzeit aufgetischt. Nochmals eine grosse Portion Fleisch, dazu das Nationalgericht Plov; Reis mit Karotten, reichlich Fett und einem Fleischstück obendrauf. Es ist alles sehr lecker, aber ich bin so satt, dass ich fast keinen Bissen mehr runterbringe. Die Schwester kommt mit der Familie und der Grossmutter vorbei und schenkt mir einen orangenen Schal. Unglaublich, wie herzlich und grosszügig wir auch hier behandelt werden.

Wir dürfen in einem eigenen Zimmer schlafen, die beiden Schwestern ziehen für die eine Nacht in einen anderen Raum. Keine Widerrede. Vorher soll ich aber in Begleitung mit der Mutter zur Toilette, Marcel mit dem Vater. Die beiden Schwestern seien danach an der Reihe. Ich wundere mich, denn wo das Plumpsklo ist haben sie uns bereits vor ein paar Stunden gezeigt. Wir gehen jedoch in die entgegengesetzte Richtung, einmal quer über den Innenhof mit dem Lehmboden. Ich leuchte den Weg mit meiner kleinen Lampe, was die Mutter etwas aus der Fassung bringt. Sie gibt mir mit schnellen Handbewegungen zu verstehen, dass ich sie ausschalten soll. Kaum getan dreht sie sich - mitten auf ihrem Hausplatz! - um 180 Grad, zieht die Hose runter, geht in die Hocke und deutet mir, es ihr gleich zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so perplex war. Zur gleichen Zeit pinkelt Marcel auf Anweisung des Hausherrn an Nachbars Hecke. Aber nur wenn es dunkel ist! Am Morgen müssen wir wieder schön brav die Toilette benutzen.

Zum Frühstück gibt’s die nächste Überraschung. Das Brot hat schon bessere Tage hinter sich und lässt sich nur mit grösster Kraft brechen. Ich frage mich, wie ich es essen soll ohne dabei einen Zahn zu verlieren, da landen schon die ersten Stücke im Grüntee. Ein paar Minuten einwirken lassen - fertig. Die Zähne bleiben verschont, dafür muss das Tischtuch dran glauben. Eine wahre Kunst, die aufgelösten Teigfetzen als Einheit in den Mund zu schieben.

Nach einer herzlichen Verabschiedung und einer anstrengenden Tagesetappe mit viel Wind fahren wir am Abend in Bukhara ein. Es ist ein ganz spezielles Gefühl, haben wir doch schon lange von diesem Moment geträumt. Bukhara, eine der legendären Oasenstädte der Seidenstrasse. Wir kommen nicht aus dem Staunen raus, die Altstadt ist voll von wunderschön verzierten Moscheen und Medresen. Etwa so müssen sich die Händler gefühlt haben, als sie mit ihrer Karavane nach einer langen, anstrengenden Etappe durch die Wüste hier angekommen sind. An diesem ruhigen Ort wollen wir uns ein paar Tage erholen - mit eigenem Klo und frischem Brot zum Frühstück.​

Kommentar hinterlassen