Albanien

15.11. - 24.11.12 Statistik

Statistik Albanien

  1. 10 Tage im Land
  2. 5 Nächte in Unterkunft
  3. Keine Nächte Privat
  4. 5 Nächte im Zelt
  5. 8 Tage im Sattel
  6. 353 km / 6278 hm
  7. Keine Pannen

Unsere Route auf Google maps

Geduld, Geduld

Wir erleben momentan so viel, dass wir noch keine Zeit hatten, unseren Blog zu aktualisieren. Wir holen dies so schnell wie möglich nach!

Albanien? Seid aber schön vorsichtig!

Als wir in Montenegro und Kroatien unserer weiteren Reisepläne auf den Tisch legten wurden wir von verschiedenen Seiten gewarnt. Albanien sei gefährlich, die Leute wollen einen nur über den Tisch ziehen und die Autofahrer seien die Schlimmsten in ganz Europa. Der letzte Punkt stammt übrigens aus dem Mund eines Taxifahrers, welcher gerade mit seinem Handy am Ohr ein Auto trotz ziemlich starkem Gegenverkehr überholte. Wir sollen ja nicht mit den Leuten sprechen, möglichst jeden Kontakt mit ihnen vermeiden und möglichst schnell durch das Land reisen. 

Das waren ja mal Warnungen. Gespannt und voller Vorfreude näherten wir uns dem Zoll. Was für ein Volk von Verbrechern wird uns wohl auf der anderen Seite erwarten?

Zuerst wurden wir vom Zöllner freundlich an den Autos vorbei gewunken und im Schnellverfahren abgewickelt. Auch gleich hinter der Grenze wurde uns von Arbeitern auf einem Gerüst freundlich zu gewunken, so dass sie beinahe vom Gerüst fielen. Und die sollen gefährlich sein? Nach den Stories in Montenegro und Kroatien hätten wir eigentlich erwartet, dass hier mit Steinen auf uns gezielt wird, aber jeder hatte nur ein freundliches Lächeln, ein freudiges Winken oder einfach ein lautes „Hello“ für uns übrig. Kinder rannten auf uns zu. Wollen die uns etwa vom Velo stossen? Weit gefehlt. Ihr Ziel war nur, mit uns abzuklatschen.

So ging es auch auf einem Ausflug von mir in die Stadt Shkodër weiter. Zuerst traf ich in der Stadt auf Benjamin, den Franzosen, und wechselte mit ihm ein paar Sätze auf Französisch. Nachdem ich mich wieder von ihm verabschiedet hatte, wurde ich sofort von einem Albaner auf französisch angesprochen. Er habe gehört, dass ich französisch spreche. Er selbst wohne in Belgien, sei aber bereits seit drei Monaten in Albanien und vermisse es, französisch zu sprechen. Ob ich nicht Lust hätte mit ihm einen Kaffe zu trinken und ein wenig zu plaudern. War das jetzt etwa so ein gefährlicher Albaner, welcher mich in eine Falle locken wollte? Natürlich liess ich mich nicht einschüchtern und freute mich auf ein spannendes Gespräch. Er erzählte, dass er in Liege lebt und dort selbst ein Kaffe führt, 2 Kinder hat und jetzt einfach auf Besuch in seiner Heimat ist. Zum Abschluss bezahlte er auch ganz selbstverständlich den Kaffee. So wie dies Schwerverbrecher üblicherweise machen.  

Danach entdeckte ich per Zufall ein Fahrradgeschäft und erinnerte mich daran, dass ich noch ein Ersatzbremskabel kaufen wollte. Gespannt betrat ich den Laden und versuchte dem Verkäufer mittels Zeichensprache zu erklären, was genau ich brauche. Er wusste sofort Bescheid und fragte mich gleich, ob ich Deutsch spreche. Mein Bejahen verleitete ihn zur Annahme, dass ich Deutscher bin und er kramte eine Deutschlandflagge hervor. Meine Versuche ihm zu erklären, dass ich Schweizer sei und nicht Deutscher, waren wohl nicht ganz von Erfolg gekrönt. Auf jeden Fall kriegte ich das Bremskabel als nun Neudeutscher geschenkt. Wie das bei Gaunern so üblich ist. 

Auf dem Retourweg zum Guesthouse hielt plötzlich ein Mercedes neben mir. Jetzt ist es so weit, jetzt werde ich entführt. Doch weit gefehlt. Der Mercedesfahrer fragte mich in bestem Englisch ob ich wisse wohin ich wolle, die Hauptstrasse sei nämlich 200 Meter weiter links. Als ich ihm erklärte dass ich ins Guesthouse Florian wolle, bot er mir sogar an, mich dorthin zu fahren. Aber die 300 Meter schaffe ich dann auch noch locker zu Fuss und lehnte dankend ab. Mit einem „Faleminderit“ (Danke) verabschiedete ich mich von einem weiteren äussert gefährlichen Albaner und er fuhr mit einem grossen Lachen im Gesicht davon. Ich lache auch und freue mich auf viele weitere gefährliche Begegnungen.

Nachtrag: Die heikle Begegnung kam dann leider doch noch und ein Stein flog in unsere Richtung (siehe Story Hetzjagd von Alena). Aber ein negatives Erlebnis, sehr wahrscheinlich durch jugendlichen Übermut hervorgerufen, konnte den sonst eigentlich sehr positiven Gesamteindruck nicht zerstören. Trotzdem waren wir froh, als wir das Land Richtung Mazedonien verlassen konnten. Das zum Teil pausenlose Gehupe der Autofahrer und die aufdringliche Art, wie das Jubiläum zur 100jährigen Unabhängigkeit Albaniens zur Schau gestellt wurde, nagte mit der Zeit ziemlich an unseren Nerven. 

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Albanische Prognosen

Bevor wir uns in Shkodër im Guesthouse Florian von Florian und seiner Familie sowie den beiden Franzosen Jean-Charles und Benjamin verabschieden, weiht uns Florian in seine meteorologischen Fähigkeiten sowie seine Fahrradkenntnisse ein. Für die Strecke Shkodër nach Korman sagt er uns eine Fahrzeit von einer Stunde voraus. Zudem schaut er zum Himmel, welcher strahlend blau ist und keine Wolke zeigt und meint: „Der Himmel ist blau. Das heisst, dass es noch mindestens vier Tage schönes Wetter sein wird.“ Wir verlassen uns auf diese ziemlich genauen Prognosen und fahren gemütlich Richtung Korman. Einen ganzen Tag brauchen wir für die 50 Kilometer plus ca. 800 Höhenmeter auf der von Schlaglöchern übersäten Piste. Autos tuckern mit Tempo 20 km/h an uns vorbei. Nicht mal die würden die Strecke in einer Stunde meistern. Und natürlich beginnt es pünktlich zum Abendessen zu regnen. Von Wegen 4 Tage Sonnenschein. Die nächsten 4 Tage wird es saukalt und nass. 

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Schnapsangebot

Mit Glück erreichen wir in Koman die Fähre nach Fierze. Keine Minute hätten wir später ankommen dürfen, sonst wäre sie weg gewesen und wir für einen ganzen Tag im Niemandsland festgesessen. So kommt es auf der Fähre zum Wiedersehen mit Manu und Jonathan aus Österreich. Gemeinsam geniessen wir die dreistündige Fahrt durch enge Schluchten und spektakuläre Landschaften. Die klapprige Fähre, welche aus einem umgebauten Bus besteht, trägt das ihrige zur speziellen Stimmung bei. Immer wieder warten Personen am Ufer um aufgeladen zu werden und mitten im Niemandsland steigen Frauen in High Heels aus und klettern die steilen Abhänge hoch. 

Nachdem wir in Fierzë angekommen sind stärken wir uns in einem Restaurant mit Kaffe und essen unser Mittagessen. Schon als wir das Kaffee betreten riecht es stark nach Schnaps. An einem Tisch sitzen drei gestandene Männer, alle mit einem grösseren Glas Schnaps vor sich. Es vergehen keine 5 Minuten und schon wird auch uns ein Glas angeboten. Wir lehnen dankend ab und erklären, dass wir noch mit dem Fahrrad fahren müssen. Die Männer lachen und verabschieden sich nach einer weiteren Runde Hochprozentigem. 

Als wir losfahren kommen wir nach kurzer Zeit an einer Baustelle vorbei. Freudig winkt uns ein Lastwagenfahrer zu. Als wir ihn passieren erkennen wir ihn wieder. Es ist der Herr, welcher uns vorher im Restaurant den Schnaps angeboten hat. Da soll man sich als Fahrradfahrer sicher fühlen? Über diesen Schock hätten wir alle auch einen Schnaps vertragen können. 

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Verschissen

Wir sind überrascht wie gut ausgebaut die Strassen in den Bergregionen Albaniens sind. Anstatt den erwarteten Holperpisten werden wir mit neuesten Strassen verwöhnt. Kurz vor Kukës mündet eine solche in die ebenfalls neu erstellte Autobahn. Was machen wir? Mit unseren Fahrrädern auf die Autobahn? Viel zu gefährlich. Wir fragen nach, ob die alte Strasse nebenan ebenfalls nach Kukës führt. Die Männer scheinen unsere Bedenken nicht zu verstehen und zeigen auf die Schnellstrasse. Wir entscheiden uns trotzdem für den alten Weg und geniessen für ein paar Kilometer die seltene Freude des Nebeneinaderfahrens. Bis dieser etwa 5 Kilometer vor der Stadt ebenfalls wieder in die Autobahn mündet. Was nun? Weit und breit keine Alternative in Sicht. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Gegenfahrbahnen zu überqueren und durch die durchtrennte Mittelleitplanke auf die richtige Spur einzubiegen. Klappt problemlos und wir haben die Strasse praktisch für uns. Die grösste Gefahr ist nicht wie erwartet unter den Rädern eines Autos zu landen, sondern auf einem der zahlreichen Kuhfladen auszurutschen. Wie es scheint sind wir hier nicht die einzigen Exoten.

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Hetzjagd

Es ist Freitag, die grossen Festivitäten zur 100-Jahr-Feier Albaniens stehen vor der Tür. Von überall her strömen uns festlich gekleidete Menschen entgegen. Kinder schwingen die Nationalflagge und rufen “Albania, Albania!”, Jugendliche stehen in rote Albanienflaggen gewickelt am Strassenrand. Von links singt uns der Muezzin entgegen, von rechts ertönt laute Technomusik. Die groteske Situation lässt mich schmunzeln. Welcher Gegensatz! Bald aber vergeht mir das Lachen. Die Strasse wird immer steiler, bei durchschnittlich 12% Steigung kämpfen wir uns mit den vollbeladenen Rädern den Berg hoch. Wir haben für mehrere Tage Wasser und Lebensmittel dabei und spüren die zusätzlichen Kilos. Ein kräftiger, kalter Wind bläst uns entgegen. Die Jugendlichen sind übermütig, auf der Suche nach einem Ventil für die überschäumenden Hormone. Als ich im Schneckentempo den Berg hinauf krieche kommt ein Schnösel dicht zu mir hin und streicht mir über die Wange. Ich bleibe stehen und schreie ihn an, Marcel dreht um und weist ihn zurecht. Das passt ihm und seinem Freund gar nicht. Sie zücken das Handy, tun so als würden sie Verstärkung anfordern. Wir lassen die beiden zurück und kämpfen uns weiter den Berg hoch, gefolgt von ein paar Jungen. Die Gruppe vergrössert sich laufend auf ungefähr 15 Personen, von allen Seiten kommen immer mehr Knaben und Jugendliche dazu. Sie laufen hinter und neben uns her, schwatzen ständig auf uns ein, lachen uns aus, betteln nach Geld und Schokolade, fassen die Räder an und wollen uns zum Anhalten bewegen. Zu Fuss können sie mit unserem Tempo locker mithalten. Dass sie die Ausdauer haben uns 4km den Berg hinauf zu verfolgen, damit hätten wir aber nicht gerechnet. Es artet zu einer regelrechten Hetzjagd aus, sie stacheln sich gegenseitig an und werden immer frecher und mutiger. Immer wieder kriege ich fast keine Luft, aber anhalten und verschnaufen ist keine Option - ich will so schnell wie möglich weg von dieser Meute. Ich weiss nicht was am schlimmstem ist: die Atemnot, die Steigung, der Wind, das schwere Rad, die Verfolgung. Die Kombination ist auf alle Fälle arg zermürbend. Die Situation eskaliert, plötzlich kommt von hinten ein zweifach faustgrosser Stein geflogen und trifft Marcels hintere Packtasche. Bis jetzt versuchten wir gegen aussen alles so gut wie möglich zu ignorieren, aber das ist des Guten zuviel. Wir halten abrupt an und schreien wütend in die Menge. Nach dem ersten Schreck kommen sie wieder zu uns zurück, der Anführer wird jetzt noch aufsässiger und deuete an, mit der hölzernen Fahnenstange zuzuschlagen. Wir haben Glück, gerade rechtzeitig hält ein roter Lieferwagen. Die 3 Männern goutieren die Situation überhaupt nicht und weisen die Bengel scharf zurecht. Langsam fahren sie hinter uns her, schirmen uns ab und begleiten uns das letzte Stück bis zur lang ersehnten Abfahrt. Ich schnappe nach Luft und lasse erlöst laufen. Die Räder, die Tränen.

Das Erlebnis beschäftigt uns alle noch weit in den Tag hinein. Was würden wir oder was könnte man bei einem nächsten Mal anders machen? Was lässt man mit sich geschehen, wann greift man durch?

Als wir am späten Nachmittag in ein kleines Kaff fahren diskutieren wir, ob wir irgendwo nach einem Platz für unsere Zelte fragen sollen. Wie gerufen tritt nach genau 2222 gefahrenen Kilometern der 20-jährige Bledor aus dem Kaffee und fragt uns mittels Zeichensprache, ob wir auf der Wiese nebenan schlafen möchten. Wir schauen ihn verdutzt an und nehmen das Angebot dankend an. Ich schenke ihm und den Kindern eine Packung Kekse. Die Kleinen springen erfreut damit davon und lassen die Kartonverpackung sogleich auf die Wiese fallen. Wie die Grossen so die Kleinen, man kann es ihnen nicht verübeln. Wir verbringen lustige Stunden bei Kaffee und Raki mit Bledor, Sokol und dem Zeigewörterbuch. Ich hätte nicht gedacht, dass es bereits in Europa so intensiv zum Einsatz kommt. Die Begegnung und die Gastfreundschaft tut gut. Ein versöhnlicher Abschluss eines aufreibenden Tages.

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Buckelpiste

Ich gebe es ja zu. Nebst Freunden, Verwandten und Bekannten vermisse ich auf unserer Reise auch Anderes. Wenn man täglich rund 4 Stunden auf dem Rad sitzt und weiss, dass zu Hause ein tolles Mountainbike im Keller steht, dann wünscht man sich manchmal, dass man das schwere Stahlrad gegen den leichten, gefederten Carbonrahmen tauschen könnte um damit einen tollen Singletrail runterzufahren. 

Heute kam wiedermal ein wenig Mountainbikefeeling auf. Die Strasse von Peshkopi Richtung mazedonischer Grenze war nur so von Schlaglöchern und Buckeln übersät. Wir wurden richtiggehend durchgeschüttelt. Auf der Singletrailkarte in der Schweiz wäre diese Strasse als schwarzer Trail aufgeführt. Nur leider machte dies mit einem 16 kg Stahlvelo ohne eine Federung und mit ca. 45 kg Gepäck nicht wirklich Spass. Aber zum Glück hatte auch die Holperpiste nach 15 km ein Ende. Jetzt hoffe ich, dass nicht bald die zweite Sportart, welche ich vermisse, noch ein Comeback feiert: Skifahren. Auf Schnee kann ich im Moment noch eine Weile verzichten. Und Schneeketten für Fahrräder habe ich bis anhin noch keine gesehen. 

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