Geduld, Geduld
Wir erleben momentan so viel, dass wir noch keine Zeit hatten, unseren Blog zu aktualisieren. Wir holen dies so schnell wie möglich nach!
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Es war uns ja bewusst das wir mit unserem neuen Fahrrad auffallen werden. Schon auf unseren Testtouren in Konstanz, im Elsass und in der Schweiz wurden wir komisch angeschaut. Aber dass es gleich so kommt hätten wir uns nicht träumen lassen. Kaum entdeckt uns jemand wird gehupt, gerufen, gewunken oder drehen sich plötzlich alle Köpfe nach uns. So bald wir in eine Stadt reinfahren ist mir Alena keine Hilfe mehr. Sie ist dann nur noch mit Winken beschäftigt. Etwa so fühlt sich wohl Queen Elizabeth wenn sie mit einer Kutsche durch London fährt.
Immer wieder werden wir am Strassenrand angehalten und alle wollen ein Foto mit uns machen. Mittlerweile wissen wir nicht mehr, auf wie vielen iranischen Fotoapparaten wir bereits verewigt sind. An einigen Stellen hielten gleich 3 Autos miteinander an und wir standen 5 Minuten lang Modell. Trotzdem geniessen wir dies im Moment noch sehr. Wir freuen uns einfach riesig, wieder unterwegs zu sein. So spielen wir gerne ab und zu den Clown für die liebevollen Iraner.
0 Kommentare“Hello Mister, welcome to Iran! What is your country?”
“Hello! We’re from Switzerland.”
“Suiserlend?”
“Swiss”
“Suiss?”
“Suiiss”
“Aaah, Suuiiiss!”
Sehr häufig werden wir so begrüsst. Inzwischen haben wir das “Suuiiiss” so drauf, dass die meisten sofort kapieren woher wir kommen. Alle schwärmen von der Schweiz, von den Schweizern. Viele kennen Heidi und wissen, dass es bei uns kalt ist, 4 Sprachen gesprochen werden und dass von da die guten Uhren kommen. Es sei ein gutes Land mit freundlichen und ruhigen Leuten. Aber auch: es gäbe keine Gewalt, keine Polizei, keine Gefängnisse. Dies ist fast so verkehrt wie das Bild, das die meisten von den Iranern haben. Wir werden immer wieder gefragt, was die Leute zu Hause über den Iran denken. Unsere ehrliche Antwort überrascht nie, sie kenne sie längst. Manchmal fragen sie nach dem Warum. Die Iraner seien doch so freundlich, sie seien keine Terroristen. Vielen liegt es am Herzen, dass wir dies zu Hause erzählen. Die Situation im Land belastet alle, die mit uns ein Gespräch anfangen. Wenn sie sich unbeobachtet fühlen sprechen sie praktisch immer das Thema Regierung an und kritisieren sie. “Wir leben in einem Käfig”, erzählt uns ein Student.
Wir haben schon viele Länder bereist, aber noch nie haben wir solche Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft erfahren. Es ist schlicht überwältigend. Wir können hier unmöglich von allen Einladungen, schönen Gesten und spontanen Begegnungen erzählen. Von ein paar besonders schönen aber schon:
Gleich nach dem Grenzübertritt werden wir von Nader zum übernachten eingeladen. Er lebt mit seiner Familie in einem einfachen Haus. Die Kinder sind zuerst zurückhaltend, mit der Zeit jedoch völlig überdreht. Als ich mit den Frauen allein bin ziehen sie mir das Kopftuch aus - sie wollen sehen, ob ich tatsächlich kurze Haare habe. Geschlafen wird traditionell nach Geschlechtern getrennt: die zwei ältesten Kinder und ich schlafen in der Stube, die Frauen mit den kleinen Kindern in dem einen Zimmer, Marcel und die anderen 9 Männer in einem anderen.
In Tabriz treffen wir auf Milon, einen Weltreisenden aus Tschechien. Vor Kurzem hat er in Tbilis Manu & Jonathan getroffen, die beiden Österreicher, mit denen wir etwa 3 Wochen im Balkan unterwegs waren. Die Welt ist klein! In einem Qalyan (Shisha) Café werden wir von Behzat für den nächsten Tag zum Essen eingeladen. Zum Mittagessen Omelette mit Tomaten und am Abend Köfte Tabrizi - ein riesiger Fleischball mit vielen Kräutern und Gewürzen. Absolut fantastisch! Die Zubereitung der Köfte dauert 1 bis 2 Stunden und die Familie gönnt sich diese Speise nur zweimal im Monat. Dazwischen und danach zeigt uns Behzat seine Stadt, am Abend zusammen mit seinem besten Freund.
Am nächsten Tag fahren wir weiter Richtung Süden. Zuerst müssen wir jedoch ein Fahrradgeschäft suchen, da das Kabel vom Fahrradcomputer gerissen ist und wir es selber nicht reparieren konnten (ja, wir sind nun mal zwei Bürogummis). Ein Mann zeigt uns den Laden und lädt uns gleich zu sich zum übernachten ein. Vor 5 Jahren habe ein Paar mit genau dem gleichen Tandem 4 Tage bei ihm gewohnt. Wir glauben’s kaum: Mandy und Benny, die zwei von globecyclers.de. Vor dem Kaufentscheid des Pinos haben wir ihre Webseite viele Male besucht und ihre Weltreise hat uns in unserem Plan P bestärkt. Der Laden ist geschlossen, so bringt uns Mehran zum Elektriker. Während er sein Auto holt kommt ein junger Rennfahrer zu uns und fragt ob er uns helfen kann. Er düst wieder davon bevor wir richtig erklären können, dass uns der Mann bereits zum Geschäft um die Ecke bringt. Vor der Elektrikerbude versammelt sich eine ganze Männertraube, jeder will uns helfen. Als noch der Rennfahrer mit einem frisch gekauften Isolierband zurück kommt, schiessen mir die Tränen der Rührung in die Augen. Diese geballte Hilfbereitschaft überwältigt mich. Das Kabel ist schnell repariert und wasserdicht verschlossen. Geld wollen sie dafür auf keinen Fall, auch nach mehrmaligem insistieren nicht. Behzat schenkt uns das nicht benötigte Isolierband und begleitet uns auf seinem Fahrrad bis zum Stadtausgang.
Nach dem Mittagessen winken uns zwei Lastwagenfahrer herbei. “Hello Mister, ice cream?” Sie öffnen die Tür ihres Kühlwagens und strecken uns ein Magnum entgegen, auch eins für die “Missis”. Die zwei düsen davon und lassen uns überrascht und erfreut zurück.
Zwei Tage später hole ich Wasser im Fluss, während Marcel beim Fahrrad wartet. Schon von Weitem sehe ich, dass das typische Fladenbrot über seinem Arm hängt. Als ich dazu komme laden uns die beiden sympathischen jungen Männer zum übernachten ein. Ihr Dorf sei nur 3 Kilometer entfernt. Wir haben zwar auf der Strecke weit und breit kein Dorf gesehen, aber nehmen ihre Einladung dankend an. Wir wollten uns eben nach einem geeigneten Platz für unser Zelt umsehen. Aus 3 Kilometer werden 18. Wir sind müde, hungrig und müssen die weite Strecke wieder in die “falsche” Richtung gegen starken Wind fahren. Nach einer Tagesetappe von exakt 100 Kilometer erreichen wir das idyllische Dorf inmitten faszinierender Hügellandschaft. Kaum sind wir abgestiegen decken sie unser schmutziges Rad und das Gepäck mit schönen Tüchern zu. Sie geben Marcel ein frisches Hemd zum anziehen und schon sind sie mit seinem verschwitzten T-shirt verschwunden. Jeglicher Protest nützt nichts, das Shirt und die stinkenden Socken werden von Hand gewaschen. Der lustige Abend mit der ganzen Familie und dem Zeigewörterbuch, unserem Farsi-Büchlein und den Englischbüchern der Familie lässt uns die Erschöpfung schnell vergessen. Zum Abschied am nächsten Morgen schenken sie uns ein ausgiebiges Lunchpaket und ein Englisch/Farsi Büchlein mit persönlichen Widmung.
Am selben Vormittag werden wir von zwei hupenden Autos überholt. Eine johlende Grossfamilie steigt aus, und bevor wir absteigen können strecken sie uns einen Blumenstrauss und Brot entgegen, setzen mir ein Baby auf den Schoss und posieren für ein Gruppenfoto. Sie sind alle in bester Laune und schenken uns so eine unvergessliche und lustige Pause. Als wir kurz darauf unseren Mittagshalt einlegen taucht die Familie plötzlich wieder auf, packt ihre Picknicksachen und die Wasserpfeife aus und lädt uns zum Mittagessen ein. Sie fahren sogar extra in ein Dorf, um zusätzliches Brot und Yoghurt zu kaufen. Auch von ihnen erhalten wir eine Einladung zum übernachten. Wie schade, dass ihr Zuhause nicht auf unserer Strecke liegt.
Auch ohne Fahrrad werden wir von allen Seiten gegrüsst und angesprochen. Viele schenken uns auch einfach ihr Lachen, ein Winken, oder ein schlichtes “Thank you”. “Thank you for visiting Iran”.
Am Ufer des Zayandeh Flusses in Esfahan werden wir innerhalb kürzester Zeit zwei Mal von Familien zum Picknick eingeladen. Als ich bei der zweiten Einladung die Tochter nach der Uhrzeit frage, will sie mir sogleich die Uhr schenken. Der Vater reagiert gleich perplex wie wir. Sie lässt erst locker als wir ihr versichern, dass wir unsere Taschenuhr (namens Tacho) nur im Hotel vergessen haben.
Am Abend geniessen wir die wunderschöne Atmosphäre im Garten des Abbasi Hotels. Die Suppe kann ich jedoch weniger geniessen. Wie sehr habe ich mich auf die beliebte vegetarische Noodle Soup “Ash-e Reshte” des Teahouses gefreut. Das Schafsyoghurt obendrauf verdirbt mir den ganzen Appetit und ich würge so viele Bissen wie möglich hinunter. Hungrig ins Bett muss ich aber nicht: gerade als wir aufbrechen wollen kommt unser Tischnachbar zu uns und bringt ein Dessert namens Elefantenohren vorbei. “Ein Geschenk von Esfahan Leuten”.
Würde bei uns jemand auf der Strasse Fremde ansprechen und zu sich nach Hause zum Tee, zum Essen oder zum schlafen einladen? Kaum. Oder sie im Land willkommen heissen und einfach nur fragen, ob sie Hilfe benötigen?
Wie den Iranern liegt es auch uns am Herzen, dass die Meinung, die viele von ihnen haben, korrigiert wird. Deshalb unsere Bitte: streicht das Bild aus dem Kopf, das ihr aufgrund der Medien von den Menschen in diesem Land habt. Noch besser: Reist hierher und macht euch euer eigenes.
5 KommentareAls wir am Morgen die Köpfe aus unserem Zelt strecken stellen wir fest, dass wir nicht die Einzigen sind, die auf dem ehemaligen Partygelände des Shas ihr Nachtlager aufgebaut haben. Iraner lieben Camping und Picknick und stellen ihr Zelt häufig irgendwo in einem Park oder auch neben dem Auto auf einem Parkplatz auf. Es ist Freitag und somit ihr freier Tag. Am Vorabend waren wir von der langen Fahrt und dem Besuch der eindrücklichen Stätten Persepolis und Naqsh-e Rostam so müde, dass wir uns bereits vor 22 Uhr in unsere 4 Wände zurückgezogen haben. Viele Familien kamen erst um diese Zeit an und richteten sich für einen gemütlichen Abend ein. Die Wasserpfeife oder hier “Qalyan” genannt darf natürlich nicht fehlen.
Auf dem Weg nach Sa’adat Shahr hält uns ein Mann mit mehr Lücken als Zähnen an und bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Kurz darauf überholt er uns mit seinem Moped, reisst einen Stopp und hechted uns in den Weg. “Aks, aks!” Foto, Foto! Wir halten zum Foto- bzw. 360°-Filmstopp.
Am Mittag werden wir erneut angehalten. Ehzat steigt aus und wir sind uns aufgrund seiner Erscheinung für einen Moment nicht sicher, ob er ein Tourist oder ein Einheimischer ist. Er ist selbst Tourenfahrer und begutachtet unser Tandem ganz genau. Wir sollen doch zu ihm nach Hause kommen, seine Frau würde für uns kochen und wir können bei ihm schlafen. Wir möchten an diesem Tag jedoch noch das 20 Kilometer entfernte Pasargadae anschauen und lehnen dankend ab. Ehzat lässt nicht locker. Dann sollen wir wenigstens zum Mittagessen kommen, am Nachmittag würde er uns zusammen mit einem Freund nach Pasargadae begleiten. Seine Schwester wohne dort und wir können dort übernachten. Wir geben nach und hoffen, dass seine Wohnung tatsächlich nur 1km in der Richtung liegt, aus der wir eben gekommen sind. Diesmal stimmt die Angabe und wir werden kurz darauf von seiner Frau, ihrem Bruder und den beiden Kindern freudig empfangen.
Zum ersten Mal essen wir bei einer Einladung im Iran an einem Tisch mit Stühlen. Traditionellerweise essen die Perser auf dem Teppich. Es wird jeweils ein Plastiktischtuch auf den Boden gelegt, welches nach dem Essen rasch wieder verräumt ist. Für das Schlafen gilt das gleiche Prinzip. Am Morgen wird die Matraze zusammengefaltet und auf die Seite geräumt, so dass wieder ein grosser Raum entsteht. Zum Essen, zum Spielen, für alles mögliche. Eigentlich ganz praktisch - so hat man nie das Problem, dass man zu wenig Stühle hat oder der Tisch nicht weit genug ausgezogen werden kann. Unsere Beine haben sich noch nicht daran gewöhnt und schlafen regelmässig ein.
Ehzat erzählt, dass er im Winter in seiner Zweitwohnung in Shiraz zwei Schweizer Tourenfahrer beherbergt hat. Wir trauen unseren Ohren kaum. Vreni und Andi! Die beiden haben wir vor ca. 1.5 Jahren bei einem Veloplus Vortrag kennen gelernt und haben ihre Reise auf ihrem Blog ride2east.ch verfolgt. Sie haben Spenden für die “Aktion Ladakh” gesammelt und waren vor Kurzem im indischen Himalaya, um die Schulen vor Ort zu besuchen. Dort wurden sie von Marcels Schwester Karin empfangen, da sie gerade ein Volontariat in Nimoo absolviert.
Zwei Tage später stossen wir erneut auf die Spuren der beiden. In Surmaq werden wir vom “Touristenfänger” Sasan angehalten, als wir uns soeben nach einem schattigen Plätzchen für eine ausgedehnte Mittagspause umsehen wollten. Er entführt uns in seinen lauschigen Garten und verwöhnt uns mit einer köstlichen Omelette und frischen Früchten aus eigenem Anbau. Wir stöbern in seinen dicken Gästebüchern und entdecken den Eintrag von Vreni und Andi und von ein paar anderen Tourenfahrer, deren Reise wir virtuell verfolgt haben. Für uns besteht kein Zweifel mehr: die Welt ist klein!
0 KommentareAuf der Strecke von Yazd nach Shiraz klingelt der Wecker jeweils bereits um 05:00 Uhr. Schlimmer als wenn wir zu Hause ins Büro mussten, dabei sind wir doch in den Ferien. Aber die unerträgliche Hitze den Tag hindurch zwingt uns dazu, möglichst viele Kilometer bereits am Morgen zu absolvieren. Bis vor zwei Wochen haben wir in der Türkei und im Norden Irans noch gefroren, nun fühlt es sich an wie in der Sauna. Wir könnten also gerne ca 15 Grad in die Schweiz schicken, bei uns wäre es dann angenehm bei ca. 25 Grad und wie wir gehört haben täten der Schweiz ein paar Grad mehr auch ganz gut.
Den Nachmittag nehmen wir uns jeweils Hitzefrei und entspannen irgendwo an einem Schattenplätzchen. Meistens lesen wir oder versuchen zu schlafen, doch oft werden wir von Iranern entdeckt und dann sind wir die Attraktion. Sofort wird gefragt woher wir kommen und wie es uns hier gefällt. Geduldig geben wir jeweils Auskunft. Gegen 17:00 Uhr, wenn die Hitze wieder erträglicher ist, fahren wir nochmals für ca. 2 Stunden und suchen uns einen schönen Schlafplatz.
Zusätzlich zur Hitze macht uns auch das Gewicht unseres Fahrrades zu schaffen. Obwohl wir von Van aus ca. 6 Kilogramm Gepäck nach Hause geschickt haben sind wir im Moment wieder viel zu schwer unterwegs. Der Grund dafür liegt in der unglaublichen Gastfreundschaft der Iraner. Immer wieder erhalten wir Äpfel, Aprikosen, Melonen, Nüsse, Pistazien, Bonbons, Wasser und Tee geschenkt. Wir kommen mit Essen fast nicht nach. Der Versuch, die Geschenke jeweils abzulehnen, ist zwecklos. Keine Chance. Nehmen wir eine ablehnende Haltung ein, dann legen die Iraner gleich noch eine Handvoll drauf.
0 KommentareIn Sarakhs legen wir einen Ruhetag ein, bevor es am nächsten Tag über die Grenze nach Turkmenistan geht. Wir nutzen die Zeit, um endlich unsere Fotos vom letzten Monat zu sortieren. Die Tage im Iran waren so intensiv, dass wir dafür unmöglich Zeit gefunden hätten. Wir sind mittendrin, als es an der Türe klopft. Unser spanischer Freund warte unten auf uns. Erstens erwarten wir niemanden und zweitens können wir uns an keinen Spanier erinnern, den wir auf dieser Reise getroffen haben.
Die Überraschung ist gross, als wir in der Lobby auf Alex treffen. Nicht aus Spanien, sondern aus Australien. Wir erkennen ihn sofort als den Tourenfahrer von www.cyclingabout.com. Der Hotelmanager unseres Hotels in Gelibolu im Westen der Türkei hat uns die Webseite von ihm und seiner Freundin Kat gezeigt. Die beiden waren etwa einen Monat vor uns im selben Haus. Als wir ein paar Wochen darauf in Istanbul mit unserem Besuch unterwegs waren, fuhren sie mit ihrem Tandem an der Blauen Moschee vorbei. Damals ging alles viel zu schnell. Bevor wir es richtig realisiert haben, waren sie schon in der Dunkelheit verschwunden. Wir waren aber ziemlich sicher, dass sich unsere Wege eines Tages kreuzen werden. Auch hier im Iran haben wir es dem Hotelmanager zu verdanken, dass wir voneinander erfahren. Er hat Alex auf dem Tandem in der Stadt gesehen und ihm gesagt, dass bei ihm im Hotel zwei mit einem grossen Fahrrad übernachten. So kommt es, dass er kurze Zeit später bei uns in der Lobby sitzt. Es stellt sich heraus, dass die beiden exakt die gleichen 5 Tage für den Transit in Turkmenistan ausgesucht haben. Welcher Zufall! Das Witzige ist auch, dass sie ebenfalls in der Türkei von zwei Einzelvelos auf ein Tandem umgestiegen sind. Sie sind in Amsterdam gestartet und sind seit über einem Jahr auf dem Nachhauseweg.
Wir sind erst 30 Minuten am Plaudern, als das Telefon an der Reception klingelt. Es ist der Journalist, welcher Alex in der Stadt angesprochen hat und ein Fernsehinterview mit uns machen will. Gleich. Wir sind ziemlich überrumpelt. Erst noch sitzen wir gemütlich im Zimmer vor unseren Fotos und kurze Zeit später haben wir zwei neue Reisepartner und werden vom iranischen Fernsehen befragt. Das Interview wird zu einer ziemlich amüsanten Angelegenheit. Der Moderator steckt uns das Mikrophon halb in den Mund und bringt alles ein wenig durcheinander. So kommt Alex plötzlich aus Amsterdam und ist die ganze Strecke von Australien bis hierhin gefahren. Der arme Herr kommt auch völlig aus der Fassung, als er während des Interviews merkt, dass wir nicht die ganze Zeit zusammen gereist sind. Als wir ihm bei ausgeschalteter Kamera erklären, dass wir uns eben erst vor einer knappen Stunde getroffen haben, meint er empört: “But you didn’t tell me!” Naja, hat uns auch niemand danach gefragt. So müssen wir separat alle Länder aufzählen, durch die wir bereits gefahren sind. Ich bin sicher, dass bei 99% des Publikums spätestens nach 2 Minuten die Tiefschlafphase eingesetzt hat. Zum Abschluss werden wir noch während der Fahrt aus dem Auto gefilmt, bevor der ganze Rummel nach einer Stunde vorbei ist.
Nach 30 Tagen Iran ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Abschied von zutiefst gastfreundlichen Menschen, wunderschönen Bauten, einwandfreien Strassen, stickiger Luft, leckeren Bananenkaugummis und Karottenkonfitüre, unbequemen Kopftüchern und Würfelzucker, den man zum Teetrinken traditionellerweise zwischen die Zähne klemmt oder auf die Zunge legt. Wir finden es schade, den Iran nach nur einem Monat wieder verlassen zu müssen. Das ist viel zu kurz, um das riesige, vielfältige Land richtig kennen zu lernen. Normalerweise wäre eine Verlängerung des Visums bis zu 3 Monate ohne Probleme möglich. Doch wegen der Wahlen Mitte Juni wollen sie möglichst wenig Touristen im Land haben, aus welchem Grund auch immer. Wir haben von vielen Reisenden gehört, die nicht einmal ein Visum erhalten haben. Daher sind wir dankbar, dass wir immerhin einen kurzen Blick in dieses faszinierende Land werfen konnten. Oder um es in die Worte eines jungen Iraners zu fassen, der uns am Strassenrand angehalten hat, um ein Foto zu schiessen: Wir sind “very very very happyfully”, dass wir hier sein durften. Es war eine Erfahrung, die uns sehr geprägt hat und uns einmal mehr aufzeigte, wie einseitig das Bild ist, welches uns die Medien zu Hause von anderen Ländern vermitteln.
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