Uganda

8.8. - 21.9.2014 Statistik

Statistik Uganda

  1. 45 Tage im Land
  2. 19 Nächte in Unterkunft
  3. Keine Nächte Privat
  4. 26 Nächte im Zelt
  5. 16 Tage im Sattel
  6. 886 km / 10436 hm
  7. Keine Pannen

Unsere Route auf Google maps

Geduld, Geduld

Wir erleben momentan so viel, dass wir noch keine Zeit hatten, unseren Blog zu aktualisieren. Wir holen dies so schnell wie möglich nach!

Pino vermisst

​Während dreier Wochen lassen wir es uns in der Schweiz so richtig gut gehen. Wir geniessen die Zeit mit Familie und Freunden sehr. Es ist schön, viele bekannte Gesichter wieder zu sehen. Leider aber ist die Zeit viel zu knapp und vergeht viel zu schnell. Am 7. August steigen wir mit Wehmut, einem Pino mit neuem Rahmen und einer riesigen Vorfreude auf Afrika wieder ins Flugzeug.

Als wir in Entebbe ankommen, warten wir vergeblich auf unser Fahrrad. Ihm hat entweder die Zeit in der Schweiz so gut gefallen, dass es noch ein wenig länger dort blieb. Oder es geniesst noch etwas die Wärme in Doha, wo wir einen Zwischenstopp einlegen mussten, bevor wir weiter nach Uganda flogen. Kein Problem, denken wir uns. So wird das Pino irgendwann ins Hostel geliefert. Wir wollen so oder so noch ein paar Tage dort bleiben, um das Kapitel Asien auch in unserem Blog abzuschliessen, bevor wir uns in Afrika in neue Abenteuer stürzen. ​

Nach vier Tagen trifft dann auch endlich unser Fahrzeug bei uns ein. Eine Kartonbox ist aufgerissen und schnell wird klar dass, eine Plastiktüte mit Pumpe, Flaschenhaltern, Giraffenhupe und vor allem unseren beiden Glücksbringern fehlt. Ein Anruf beim Flughafen bringt keinen Erfolg. Wir fahren deshalb mit einem Fahrer des Hostels zum Flughafen und er bringt uns auf Anhieb an die richtige Stelle. Bei der Beschreibung der Giraffenhupe wird der Angestellte der Gepäckverarbeitung hellhörig. Er meint er könne sich daran erinnern. Er verschwindet und kurze Zeit später kommt er strahlend mit unserer fehlenden Tüte zurück. Wir freuen uns riesig, bedeuten uns doch gerade die beiden Glücksbringer sehr viel.​

​Der Angestellte erzählt, dass er die Sachen gefunden habe und zu keinem Gepäckstück zuordnen konnte. Die Giraffenhupe habe aber zahlreiche Mitarbeiter des Flughafens unterhalten und ihm sei sofort klar gewesen, dass bald jemand vorbeikomme und diese suche. Glücklich fahren wir zurück ins Hostel und schrauben unser Pino zusammen.

​Danach steht ersten Erkundungstouren rund ums Hostel nichts mehr im Wege. Unter anderem besuchen wir den Botanischen Garten in Entebbe, in welchem einst die Tarzan Filme mit Johnny Weissmuller gedreht wurden. Diese Touren steigern die Vorfreude auf das Kommende nur zusätzlich. Die Menschen strahlen eine riesige Lebensfreude aus, winken wie wild und brechen in lautes Gelächter aus wenn wir angefahren kommen. Auch die Tierwelt ist faszinierend, sehen wir doch schon zahlreiche Affen und viele bunte Vögel. Willkommen in Afrika!

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You take care

Kurz nach Masaka nehmen wir den Abzweiger zum Lake Mburo Nationalpark. Im Reiseführer steht, dass es dort seit Kurzem wieder Löwen gebe. Deshalb wissen wir nicht, ob wir mit dem Pino durch den Park fahren dürfen oder ob wir vor dem Tor umkehren müssen. Hauptattraktion des Parkes sind eigentlich die Zebras und die zahlreichen Nilpferde im See.​

Beim Gate lässt man uns tatsächlich passieren. Auf Nachfrage bestätigt der Parkwächter, dass es tatsächlich einen einzelnen Löwen gäbe, dieser sich aber immer im Wald aufhalte und für uns deshalb kein Problem sei. Aber auf die Büffel sollen wir aufpassen. Diese können sehr aggressiv und gefährlich sein. Na toll - und was machen wir, wenn uns tatsächlich ein solcher angreift? Darauf weiss der Parkwächter keine wirkliche Antwort. Er meint einfach: „You take care!“ was so viel bedeutet wie passt einfach auf euch auf. Nicht wirklich beruhigend, trotzdem fahren wir los. Kurz nach dem Gate erblicken wir die ersten Zebras. Ein unbeschreibliches Gefühl, mit dem Fahrrad so nah an ihnen vorbeizufahren. Auch Impalas, Gazellen, viele Vögel und Warzenschweine entdecken wir. ​

In einer Senke erspähen wir dann auch einige Büffel. Uns wird mulmig, doch ihnen ist mehr nach Essen als nach Jagen und sie lassen uns deshalb problemlos passieren. Kurze Zeit später erreichen wir den Campingplatz am See, wo wir als Erstes gleich mal beklaut werden. Freche Affen erblicken unsere Bananen und bevor wir reagieren können, wird unsere Zwischenverpflegung genüsslich verzehrt.​

Eine Bootsfahrt vorbei an zahlreichen Hippos, Krokodilen, Fischadlern und vielen bunten Vögel rundet den Tag ab. In der Nacht erhalten wir auf dem Zeltplatz Besuch von den Nilpferden und werden von ihrem Grunzen geweckt. Zum Glück müssen wir nicht aufs Klo!​

​Am nächsten Morgen verlassen wir den Park. Zahlreiche Tiere stehen am Strassenrand für uns Spalier, doch die Büffel und der Löwe lassen sich zum Glück nicht blicken. Die Fahrt durch den Park war ein unvergessliches und einmaliges Erlebnis. Die grösseren Nationalparks in Afrika dürfen wir kaum mit dem Pino durchqueren.

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Ein Wald voller Affen

Ohrenbetäubender Lärm durchdringt den Regenwald im Kibale Nationalpark. Dieser beheimatet nebst ca 300 Elefanten auch 13 Affensorten. Ungläubig schauen Alena und ich uns an. Wir sind vor Kurzem losgezogen um eine Gruppe Schimpansen zu beobachten, welche sich hier im Wald aufhält. Und schon nach kurzer Zeit machen diese sich lautstark bemerkbar. Doch zu Gesicht bekommen wir sie vorerst nicht. Dafür entdecken wir die Haut einer Schlange. Unser Guide meint sie gehöre zu einer Kobra und fügt mit einem ängstlichen Gesicht hinzu: „Einer riesigen Kobra!!“. Nach einiger Zeit erspäht unser Guide die ersten Schimpansen. Diese halten sich aber in selbst gebauten Nestern weit oben in den Bäumen auf und sind für uns nur sehr schwer zu erkennen. Wir befürchten bereits, dass wir hier eine Fehlinvestition getätigt haben. Wir dürfen nämlich nur eine Stunde mit den Tieren verbringen, um sie nicht in ihrem täglichen Ablauf zu stören. Wenn sie sich so weit oben in den Bäumen aufhalten und wir nichts sehen, dann wird diese Stunde eher zu einer langweiligen Angelegenheit. Nackenstarre inklusive. Doch die Tiere haben ein Einsehen und steigen nach einiger Zeit von den Bäumen runter und präsentieren sich uns in voller Pracht. Unser Guide meint noch, dass wir nun schnell sein müssen und tatsächlich bewegen sich die Tiere elegant und leichtfüssig durch den Wald. Hinterher eine Touristengruppe bewaffnet mit Fotoapparaten. Ein Schimpanse stoppt immer wieder und schaut zurück. Es kommt uns so vor, als ob er auf uns wartet. Nach einiger Zeit setzen sich die Schimpansen hin und innert Sekunden sind sie von Touristen umzingelt. Es ist sehr beeindruckend die Bewegungen und Gesten zu beobachten. Of kommt es einem vor man stehe einem Menschen gegenüber. Dies ist nicht verwunderlich, teilen die Schimpansen doch ca. 99 % des genetischen Erbgutes mit dem Menschen. Nur dass sie trotz viel kleinerer Grösse ca. 5 Mal stärker als der Mensch sind. Ich frage mich die ganze Zeit, was die Schimpansen wohl von der Menschenmasse denken, welche sie mit Fotoapparaten umzingelt. Trotzdem nutzen auch wir die Zeit um möglichst viele gute Bilder der Tiere zu kriegen. Wann sonst hat man schon die Chance, so nahe und ohne Gitter einem Schimpansen gegenüberzustehen?​

​Auf dem Weg zum nächsten Affenhighlight überqueren wir im Queen Elizabeth Nationalpark noch den Äquator. Genau in dem Moment, als wir das Äquator-Monument erblicken, kreuzt eine Gruppe von ca. 20 Elefanten die Hauptstrasse. Ein besseres Timing hätten wir nicht haben können.

In Kisoro besuchen wir den Mgahinga Gorilla Nationalpark. Dieser bildet zusammen mit dem Parc National des Volcans in Ruanda und dem Parc National des Virungas in der Demokratischen Republik Kongo eine riesige geschützte Fläche, welche die Heimat von ca. 480 Berggorillas ist. Einige dieser Berggorillas leben in Gruppen, welche sich an Besuche von Touristen gewöhnt sind. Das Gorillatrekking ist eine enorme Einnahmequelle für Uganda und Ruanda. Ein Permit, welches ein Besuch bei den Tieren für eine Stunde erlaubt, kostet 600 USD in Uganda, beziehungsweise 750 USD in Ruanda. Ein enormer Betrag, welcher bei uns dem Budget eines ganzen Reisemonates entspricht. Dennoch entschliessen wir uns, den Tieren einen Besuch abzustatten, ist es doch schon seit 10 Jahren ein Traum von Alena. Die Permits sind oft auf Monate hinaus ausgebucht. Da die Gorillagruppe im Mgahinga Gorilla Nationalpark aber oft den Weg über die Grenze nach Ruanda nimmt, können hier die Permits nur gerade 2 Wochen vor dem Besuch gebucht werden. Dies macht die Gruppe für Reisende, welche auf einer gebuchten Tour unterwegs sind, nicht interessant. Für uns als Individualreisende ist dies aber perfekt und wir kriegen problemlos kurzfristig ein Permit. Als wir uns am Tag vor dem Trekking beim Nationalparkbüro melden, staunen wir aber nicht schlecht. Die Mitarbeiterin teilt uns mit, dass wir für den nächsten Tag bis jetzt die einzigen Touristen seien, welche ein Trekking unternehmen wollen. Wir können unser Glück kaum fassen. Und tatsächlich stehen wir am nächsten Morgen alleine beim Ausgangspunkt im Nationalpark. Vier Mitarbeiter des Parks sind früh am Morgen losgezogen, um die Gorillas im Wald zu finden und uns und unsere Guides an die richtig Stelle zu lotsen. Nach einem Marsch von ca. einer Stunde ist es so weit. Zur Begrüssung wird unser Guide gleich einmal mit einer Scheinattacke des ältesten Silberrückens eingedeckt. Dieser ist bereits 53 Jahre alt und sieht nicht mehr ganz so gut. Deshalb kommt es ab und an zu solchen Angriffen. Uns läuft es kalt den Rücken runter. Die Guides führen uns an einen Platz, von welchem aus wir die ganze Gruppe beobachten können. Diese besteht aus 10 Tieren: 5 Silberrücken, welche ein Gewicht von bis zu 220 Kilogram erreichen können, 2 Weibchen, 2 Jugendliche und ein 1.5 jähriges Junges. Wir stehen gerade mal 1.5 Meter neben dem Anführer der Gruppe, dem dominanten Silberrücken. Unsere Begleiter imitieren seine Laute und der Silberrücken schaut immer wieder zu uns rüber. Er blickt uns direkt in die Augen, ein unbeschreibliches Gefühl. Direkt vor uns spielen die beiden Jugendlichen mit dem Jungen. Etwas weiter im Gebüsch liegt die Mutter des Jungtieres und gönnt sich ein Nickerchen. Plötzlich erblicken wir die weiteren Silberrücken und der Anblick dieser riesigen Tiere im Wald fährt ziemlich in die Knochen. Es ist unvorstellbar, wie gross sie sind. Spannend wird es auch, als einer der Silberrücken einen Sitzplatz in der Lichtung einnehmen will. Dies passt dem dominanten Silberrücken nicht und er geht auf Angriff gegenüber dem schwächeren Mitglied der Gruppe. Hier sieht man die ganze Kraft, welche in den Tieren steckt, sind sie doch ca. 8 Mal stärker als der Mensch. Es bleibt aber bei Drohgebärden und die Situation beruhigt sich schnell wieder. Kurz bevor wir uns nach einer Stunde von der Gruppe verabschieden müssen, stehen die Gorillas auf und machen sich auf den Weg in den Wald. Als ob sie uns sagen wollen: Ihr hattet eure Stunde mit uns, wir gehen nun. ​

​Der Besuch war für uns eines der eindrücklichsten Erlebnisse der bisherigen Reise und den hohen Preis definitiv wert. Die Begegnung mit den Berggorillas wird uns sicherlich für immer in Erinnerung bleiben. Berggorillas können übrigens nirgends in Zoos besucht werden. Es gab Versuche sie in Gefangenschaft zu halten, doch kein Tier überlebte dies. In Tierparks sind nur Flachland Gorillas zu sehen. Diese sind kleiner und haben kürzere Haare als Berggorillas. Berühmtheit erhielten die Berggorillas durch den Film “Gorillas im Nebel” welcher das Leben von der Gorillaforscherin Dian Fossey dokumentiert.

Im Mgahinga Gorilla Nationalpark gibt es noch zahlreiche weiter Affenarten. So auch die sehr seltenen Goldmeerkatzen. Diese besuchen wir ebenfalls. Im Gegensatz zu den eher trägen Schimpansen und Gorillas sind diese sehr verspielt und springen von Baum zu Baum. Ihr Fell leuchtet golden durch die Baumwipfel und mit ihren dicken Backen bringen sie uns immer wieder zum Lachen. ​

​Die Besuche bei den verschiedenen Affen waren für uns äusserst eindrücklich. Ich fragte mich aber oft, was die Tiere wohl davon halten und ob dies eine gute Sache ist. Es gibt wie so oft zwei Seiten. Auf der einen besteht die Gefahr, dass sich die Tiere durch die Besuche der Touristen mit Krankheiten anstecken. Die sehr nahe genetische Verwandtschaft führt dazu, dass Krankheiten einfach übertragen werden können. Zudem wurden vor allem in der Vergangenheit Tiere von an Menschen gewöhnten Gruppen oft Opfer von Wilderern. Dies ist aber in jüngster Zeit ein eher kleineres Problem, da die Nationalparks mittlerweile sehr gut geschützt sind.

Auf der anderen Seite lassen sich die Tiere durch den Kontakt mit Menschen besser beobachten und Krankheiten können früher erkannt werden. Auch ist es für Wissenschaftler einfacher, die Tiere zu studieren und so zu schützen. Weiter profitieren die Länder Uganda und Ruanda vom Gorillatourismus enorm. Touristen kommen hierher, um die Gorillas zu sehen und verbinden den Besuch mit einem längeren Aufenthalt im Land. Dies führt zu mehr Arbeitsplätzen und einem gesteigerten Wohlstand für viele. Fraglich ist auch, ob es die Berggorillas ohne die Gorillatrekkings überhaupt noch geben würde. Die Chance ist gross, dass sie ohne den zusätzlichen Schutz längst ausgestorben wären. Auf jeden Fall stieg die Anzahl der Gorillas in den letzten 25 Jahren um 56%. Aber noch immer ist ihre Existenz bedroht. Im Moment gibt es auf 9 Millionen Menschen gerade einmal einen Berggorilla.

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«One by one makes a step»

«Muzuuunguuuuu!!! How are you Muzungu!?!»

Die Kinder springen auf und ab und flattern vor lauter Aufregung mit den Armen, wenn sie uns Muzungus (Weisse) kommen sehen. Von überall her erklingen die hellen, jauchzenden Kinderstimmen. Sie rennen uns oft über mehrere Kilometer kreischend und lachend nach - barfuss auf steinigem Untergrund. Die Ausdauer und Geschwindigkeit ist jeweils bemerkenswert!

Sobald wir anhalten wirken wir wie in ein Magnet: innert Sekunden strömen aus allen Richtungen Menschen herbei und umzingeln uns. Wir werden fotografiert, ausgefragt, angefasst und angelacht. Mir fällt auf, dass hier die Zähne im Schnitt weisser und vor allem zahlreicher sind als diejenigen in asiatischen Mäulern. Auch sonst steht es hier generell mit der Hygiene um einiges besser als im Osten. An den meisten Orten gibt es Toilettenpapier, und in praktisch allen lokalen Restaurants steht ein Kanister und meist auch Seife bereit, um sich vor dem Essen die Hände zu waschen.

Nicht nur darüber sind wir erstaunt. Die erste Überraschung erleben wir gleich am ersten Tag nach unserer Ankunft. Auf der Suche nach Lebensmitteln kommen wir an der afrikanischen Variante unseres Kiosk vorbei, einem kleinen Bretterverschlag. Wir entscheiden uns, noch ein wenig weiter zu suchen - in der Hoffnung einen etwas grösseren Laden zu finden. Als wir den Nakumatt Supermarkt betreten, bringen wir vor lauter Staunen unsere Mäuler nicht mehr zu: der könnte gerade so gut bei uns in Europa stehen! Die Auswahl ist riesig. Nie hätten wir in Ostafrika mit so was gerechnet.

Auch in den ländlicheren Gegenden sind die Versorgungsmöglichkeiten fast paradiesisch. Mittags essen wir wenn möglich in kleinen lokalen Restaurants. Umgerechnet 2 Schweizer Franken bezahlen wir für zwei riesige Portionen. Meist gibt es eine Auswahl an Reis, Bohnen, Matoke (Kochbananen), Süsskartoffeln, Posho (Maisbrei) und Erdnusssauce. Sehr kalorienreich und lecker, genau was wir zum Radfahren brauchen. Finde zumindest ich. Marcel hängen die Kochbananen schon nach dem zweiten Tag zum Hals raus und ich habe den Teller endlich mal vor ihm leer geputzt.

Zum Selberkochen können wir uns unterwegs ebenfalls gut eindecken. Überall wird am Strassenrand Obst und Gemüse verkauft. Dieses ist meist schön in 1000-Schilling-Türmen aufgeschichtet, also 30 Rappen pro Gemüse- oder Früchteturm. Die leckeren Avocados haben es uns besonders angetan, wir können fast nicht genug davon kriegen. Als wir dem Manager des Virunga Hotels in Kisoro erzählen, dass wir bei uns zu Hause ein Vermögen für diese bezahlen und wir sie uns deshalb nur selten gönnen, will er uns bei der Abreise ein paar von seinem Baum mitgeben. «Aber nicht zu viele!» rufe ich ihm noch nach. «Not too many» grinst er verschmitzt und streckt uns eine Tüte mit 15 Avocados hin. Diese müssten nun noch zwei Wochen lang reifen und wir dürften sie nicht zu lange im Plastik lassen, damit sie nicht verfaulen. So schleppen wir nun ein paar Wochen lang zwei Kilogramm zusätzlich durch die hügelige Gegend. Die Geste rührt uns aber sehr und wir können es kaum erwarten, bis sie endlich weich sind.

Die extrem fruchtbare Erde und das günstige Klima in Uganda sind ein Segen für die Bevölkerung. Was in die Erde gesteckt wird wächst und kann bis zu dreimal jährlich geerntet werden. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass jeder Flecken Erde bewirtschaftet wird - mit der Konsequenz, dass nicht mehr viel Wald übrig ist. Das meiste bauen sie zum Eigengebrauch an, den Rest verkaufen die Bauern auf lokalen Märkten. Ein Teil wird auch exportiert, zusammen mit Kaffee, Tee, Vanille, Tabak, Schnittblumen, Baumwolle und Fisch. Immer wieder begegnen uns Menschen mit riesigen Lasten, die sie entweder auf Fahrrädern oder - teils freihändig - elegant auf dem Kopf balancieren: Kartoffeln, Teppiche, Tomaten, Wasserkanister, Zuckerrohr, Zwiebeln, Brennholz und darunter noch die Hacke, mit denen sie die Felder bearbeiten. Es sind fast ausschliesslich Frauen, die diese harte Arbeit verrichten. Viele von ihnen haben in einem bunt gemusterten Tuch ihr Baby auf den Rücken gewickelt, welches sie auch bei der Feldarbeit nicht ablegen. Die meisten grüssen uns erfreut wenn sie uns sehen und winken uns - trotz schwerer Last auf ihren Köpfen - freundlich zu. Teilweise müssen sie bis zu 6 Kilometer zu Fuss zurück legen, um Wasser zu holen. Was uns auffällt: trotz des harten Lebens scheinen die Menschen hier ausgesprochen fröhlich und gelassen zu sein. Wir hören sie immer wieder singen und lachen. Witzig ist auch, wie die Leute antworten, wenn wir sie grüssen. Eine typische Konversation:

Wir: «Hello!»
Antwort: «I’m fine!»

Oder:

Einheimischer: «How are you?»
Ich: «I’m fine, how are you?»
Einheimischer: «I’m fine, how are you?»
Ich: «I’m fine!»
Einheimischer: «I’m fine, how are you?»

Meist klingt es, als würden sie sich dabei die Nase zuhalten. Dies machen sie angeblich, um die Stimmlage zu erhöhen, damit sie wie Westler klingen. Die Aussprache unserer Heimatlandes kriegt aber schlicht niemand gebacken. Nun kommen wir eben aus Switzitzerland.

Je westlicher wir reisen desto touristischer wird es, und desto häufiger hören wir anstelle von Hello Muzungu den Spruch Give me money. Besonders schockiert sind wir, als wir einen etwa 10-jährigen Jungen freundlich grüssen und dieser uns zur Antwort gibt: «First you give me da money». Nicht nur Kindern betteln nach Geld, sondern auch Erwachsene. Das macht uns besonders wütend, sollten diese doch ein Vorbild sein für die Kleinen. Die Kinder fragen nicht nur nach Geld, sondern auch nach Kugelschreibern, Süssigkeiten oder ganzen Gepäcktaschen. Nach solchen Frustbegegnungen war diese Konversation mit einem Teenager, der hinter uns den Berg hinauf lief, äusserst erfrischend:

«This is perfect», meint der Junge und deutet dabei auf unser Fahrrad.
Marcel, keuchend: «Yes, but we are very slow because we are too heavy.»
«But you are moving.»
«That’s true.»
«One by one makes a step!»

Ich hätte ihn für seine unerwartet philosophische und süss formulierte Antwort umarmen können. Dies könnte genau unser Reisemoto sein. Pedalumdrehung um Pedalumdrehung, Meter um Meter kommen wir langsam vorwärts, bis wir eines Tages am Ziel sind. Und es trifft auch sehr schön auf dieses Land zu, welches sich nach Jahren voller Gewalt und Angst langsam wieder hochrappelt. Die jüngste Geschichte des Landes ist erschütternd und war uns vor unserem Besuch viel zu wenig bekannt:

Der Diktator Idi Amin hat nicht nur rund 300’000 Ugander auf dem Gewissen, sondern er hat zudem auch das einst florierendste Land Ostafrikas in den Ruin getrieben. Nachdem er 1971 zuerst die Regimegegner massakrieren liess, machte er anschliessend Jagd auf die Gebildeten des Landes: Universitätsprofessoren, Ärzte, Anwälte, Geschäftsleute, Kabinettsmitglieder - schlicht auf alle, die ihm gefährlich werden könnten. 70’000 Asiaten hatten 90 Tage Zeit, das Land zu verlassen. Uganda verfiel in Chaos, hielten doch die Inder und Pakistani quasi das Monopol auf Geschäften und auf dem Handel. Doch auch nach dem Fall Amins im April 1979 gab es für das Volk keinen Frieden. Die Soldaten aus Tanzania, welche das Land vom Diktator befreiten, holten sich mit Gewalt was sie wollten. Milton Obote, der ehemalige Premierminister, kämpfte sich langsam wieder an die Macht und richtete dabei mehr Schaden an, als dass er Stabilität schuf. 1985 wurde er von der Armee unter der Führung von Tito Okello gestürzt. Unterdessen ist die National Restistance Army (NRA) von einer Gruppe von 27 schnell auf etwa 20’000 angewachsen, indem vorwiegend verwaiste Teenager rekrutiert wurden. Unter der Führung von Yoweri Museveni wollten die NRA-Rebellen Polizei, Armee, Administration und Korruption aus dem Weg schaffen. Im Januar 1986 kapitulierte die staatliche Armee unter Okello und flüchtete über die nördliche Grenze in den Sudan. Friedensverträge wurden mit ehemaligen Guerillamitgliedern geschlossen, welche für Okello oder Obote kämpften. 300’000 Ugander kehrten aus dem Sudan nach Hause zurück. Fabriken, welche jahrelang stillgelegt waren, nahmen erneut den Betrieb auf. Strassen wurden repariert, die Felder wieder bestellt und die Infrastruktur der Nationalparks in Stand gesetzt. Kein Land in Afrika erlebte in den 1990-ern einen solchen wirtschaftlichen Aufschwung wie Uganda. Mitverantwortlich dafür war auch, dass die Asiaten wieder nach Uganda eingeladen wurden.

Das Volk konnte jedoch noch nicht aufatmen. Grund dafür war die letzte übrig gebliebenen Rebellengruppe namens Lord’s Resistance Army (LRA) unter der Führung von Joseph Kony. Dieser hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Regierung zu bilden, die auf den Biblischen 10 Geboten aufbaut. Seine Vorgehensweise war jedoch alles andere als heilig: Folterungen, Verstümmelungen, Vergewaltigungen, Hinrichtungen. Über eine Million Menschen flohen aus dem Norden Ugandas in die speziell für interne Flüchtlinge aufgebauten Camps. Zehntausende Kinder gingen abends aus ihren Dörfern weg und brachten sich über Nacht in Schulen, Kirchen oder grösseren Dörfern in Sicherheit. Trotzdem wurden schätzungsweise 66’000 Kinder entführt, um sie als Soldaten und Sexsklaven einzusetzen. Viele wurden auch in den Sudan verschleppt, wo sie auf Sklavenmärkten an reiche Araber verkauft wurden, um mit dem Gewinn Waffen zu kaufen. Nicht zu fassen, dass dies vor weniger als 20 Jahren geschehen ist. Im Jahre 2008 hat Kony trotz seines Versprechen den Friedensvertrag nicht unterzeichnet. Die LRA hat stattdessen noch mehr Kinder verschleppt, um sie als Soldaten einzusetzen. Von den in den Sudan verschleppten Sklaven leben die meisten noch immer unter denselben grässlichen Umständen. Sie werden wie Tiere gehalten und untereinander gepaart, um weitere Sklaven zu produzieren. Wer versucht zu fliehen wird hingerichtet. Nur wenigen ist trotz durchgetrennten Achillessehnen die Flucht gelungen, nur wenige konnten freigekauft werden. Wer in diese Region reist oder sich für das Thema interessiert, dem empfehlen wir das Buch Nightmare Along the River Nile - A Story of Twentieth Century Slavery von S. E. Nelson. Es ist bewusst in einem einfachen Englisch geschrieben, damit es von möglichst vielen Menschen gelesen werden kann.

Trotz der turbulenten Vergangenheit ist Uganda heutzutage - mit Ausnahme des Nordosten des Landes - ein sicheres Reiseland. Es hat wohl noch einen langen Weg vor sich, bis es sich neben den grossen Nachbarn Kenia und Tansania als Reisedestination behaupten kann. Dabei ist Uganda unglaublich vielseitig und bietet auf kleinem Raum alles, was man sich in einem Urlaub wünschen kann: Freundliche Menschen, super touristische Infrastruktur, meist gut ausgebaute Teerstrassen, Rafting und weitere Abenteuersportarten, Savanne, Regenwald, ein paar sichere Badeseen, die weltweit höchste Dichte an Primaten, «The Big Five» und - als besonderer Höhepunkt - die Berggorillas. Hier zu reisen ist eine Freude! Was wir besonders toll finden: endlich können wir uns mit den Menschen unterhalten, da sehr viele Englisch sprechen. Wenn ihr das nächste Mal Ferienpläne schmiedet, dann denkt doch auch an Uganda. Denn in unseren Augen wird dieses Land zu Recht «Die Perle Afrikas» genannt.

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