Geduld, Geduld
Wir erleben momentan so viel, dass wir noch keine Zeit hatten, unseren Blog zu aktualisieren. Wir holen dies so schnell wie möglich nach!
Wir erleben momentan so viel, dass wir noch keine Zeit hatten, unseren Blog zu aktualisieren. Wir holen dies so schnell wie möglich nach!
Diesmal klappt der Grenzübergang wie am Schnürchen. Zwar müssen wir wieder all unser Gepäck durch den Scanner schicken, aber immerhin wird nichts durchwühlt. Dafür müssen wir die Fotos auf unseren Kameras zeigen. Mir rutscht das Herz in die Hose, habe ich doch von unserer Gastfamilie und ihrem Haus Bilder geschossen und noch nicht gesichert. Sie schauen sich die Fotos verwundert an und fragen “Turkmenistan?”. Private Wohnräume werden wohl nicht von vielen westlichen Touristen abgelichtet. Zu meiner Erleichterung geben sie mir die Kamera zurück ohne etwas zu löschen. In 45 Minuten sind wir durch, bei der Einreise nach Usbekistan dauert es ebenso kurz. Voilà, warum nicht immer so?
Auch auf dem Weg nach Bukhara sagt uns der Wind weiterhin den Kampf an. Wir nehmen’s mehr oder weniger gelassen, denn im Gegensatz zu Turkmenistan haben wir keinen Zeitdruck mehr. Bis in die Stadt schaffen wir es mit diesem Wind nicht in einem Tag und müssen uns unterwegs etwas zum übernachten suchen. Gar nicht so einfach, denn alles ist besiedelt oder bewirtschaftet. Die beste Option ist, das Zelt bei einem Restaurant aufzustellen. Kaum gedacht springt ein Mann auf, fuchtelt mit den Armen und ruft “Cay, cay!”. Beim Vorbeifahren hätten wir gar nicht gemerkt, dass es ein Restaurant ist. Kaum haben wir uns gesetzt fragt er, ob wir Shashlik essen möchten. Die Spiesse sind köstlich, so dass wir gleich noch mehr bestellen. Der Wirt Calim fragt uns, wo wir denn schlafen, ob wir ein Zelt dabei hätten. Gutes Stichwort! Ob wir dieses wohl für heute Nacht auf seinem Boden aufstellen dürfen? Wir dürften, aber wir sollen doch besser gleich zu ihm nach Hause kommen. Gepäck und Fahrrad werden in der Werkstatt eingeschlossen und wir hottern in einem alten, beigen Lada mit ihm und seinen beiden Töchtern die 3 Kilometer zu seinem Haus. Die eine Tochter hält eine Schüssel mit einer dünnflüssigen Sauce in den Händen und muss bei jeder Bodenwelle (sprich: ständig) aufpassen, dass nichts überschwappt. Die Fleischstücke liegen in einer zweiten Schüssel zwischen dem Fahrer und Marcel, gleich hinter dem Schalthebel. Ich hoffe sehr, dass dies nicht das Fleisch für den heutigen Abend ist. Eine Überdosis Rind haben wir bereits intus.
Das war natürlich Wunschdenken. Klar wird uns nach Bergen von Früchten und Schokolade eine volle Mahlzeit aufgetischt. Nochmals eine grosse Portion Fleisch, dazu das Nationalgericht Plov; Reis mit Karotten, reichlich Fett und einem Fleischstück obendrauf. Es ist alles sehr lecker, aber ich bin so satt, dass ich fast keinen Bissen mehr runterbringe. Die Schwester kommt mit der Familie und der Grossmutter vorbei und schenkt mir einen orangenen Schal. Unglaublich, wie herzlich und grosszügig wir auch hier behandelt werden.
Wir dürfen in einem eigenen Zimmer schlafen, die beiden Schwestern ziehen für die eine Nacht in einen anderen Raum. Keine Widerrede. Vorher soll ich aber in Begleitung mit der Mutter zur Toilette, Marcel mit dem Vater. Die beiden Schwestern seien danach an der Reihe. Ich wundere mich, denn wo das Plumpsklo ist haben sie uns bereits vor ein paar Stunden gezeigt. Wir gehen jedoch in die entgegengesetzte Richtung, einmal quer über den Innenhof mit dem Lehmboden. Ich leuchte den Weg mit meiner kleinen Lampe, was die Mutter etwas aus der Fassung bringt. Sie gibt mir mit schnellen Handbewegungen zu verstehen, dass ich sie ausschalten soll. Kaum getan dreht sie sich - mitten auf ihrem Hausplatz! - um 180 Grad, zieht die Hose runter, geht in die Hocke und deutet mir, es ihr gleich zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so perplex war. Zur gleichen Zeit pinkelt Marcel auf Anweisung des Hausherrn an Nachbars Hecke. Aber nur wenn es dunkel ist! Am Morgen müssen wir wieder schön brav die Toilette benutzen.
Zum Frühstück gibt’s die nächste Überraschung. Das Brot hat schon bessere Tage hinter sich und lässt sich nur mit grösster Kraft brechen. Ich frage mich, wie ich es essen soll ohne dabei einen Zahn zu verlieren, da landen schon die ersten Stücke im Grüntee. Ein paar Minuten einwirken lassen - fertig. Die Zähne bleiben verschont, dafür muss das Tischtuch dran glauben. Eine wahre Kunst, die aufgelösten Teigfetzen als Einheit in den Mund zu schieben.
Nach einer herzlichen Verabschiedung und einer anstrengenden Tagesetappe mit viel Wind fahren wir am Abend in Bukhara ein. Es ist ein ganz spezielles Gefühl, haben wir doch schon lange von diesem Moment geträumt. Bukhara, eine der legendären Oasenstädte der Seidenstrasse. Wir kommen nicht aus dem Staunen raus, die Altstadt ist voll von wunderschön verzierten Moscheen und Medresen. Etwa so müssen sich die Händler gefühlt haben, als sie mit ihrer Karavane nach einer langen, anstrengenden Etappe durch die Wüste hier angekommen sind. An diesem ruhigen Ort wollen wir uns ein paar Tage erholen - mit eigenem Klo und frischem Brot zum Frühstück.
0 KommentareIn Bukhara suchen wir uns ein gemütliches Hotel. Die ersten beiden sind leider ausgebucht, doch beim dritten klappt es. Alena schaut sich das Zimmer an während ich beim Fahrrad auf das Gepäck aufpasse. Das Zimmer sollte 40 USD kosten, doch als Alena von der Zimmerinspektion zurückkommt und dies kurz mit mir besprechen will, hat der Hotelmanager wohl das Gefühl, dass der Preis zu hoch ist. Er sagt Alena, dass er ihr einen Discount geben könne. Der Preis betrage 30 USD. Alena nimmt dies zur Kenntnis und sagt dem Manager, dass sie dies kurz mit mir besprechen wolle. Darauf senkt er den Preis nochmals um 5 USD. Das passt und wir buchen das Zimmer für 4 Nächte.
Am zweiten Tag treffen wir in der Stadt per Zufall auf Kat, Alex und Kats Eltern. Die Wiedersehensfreude ist riesig und wir verbringen einen gemütlichen Abend mit ihnen. Immer wieder treffen wir in den nächsten Tagen auf die vier. Bukhara ist trotz ca 300’000 Einwohner sehr ruhig und überschaubar. Die Stadt gefällt uns mit ihren wunderschönen Bauten, den herrlichen Minaretten und den eindrücklichen Medressen. Am vierten Abend treffen wir uns nochmals mit den Australiern zum Abendessen. Anschliessend verabschieden wir uns und wollen uns dann in 3 Tagen in Samarkand wiedertreffen. Doch es kommt anders.
Am nächsten Morgen wacht Alena mit einer starken Migräne auf. An Fahrradfahren ist nicht zu denken und wir verlängern unseren Hotelaufenthalt um eine Nacht. Das gleiche Spiel wiederholt sich leider auch an den nächsten zwei Tagen. Da wir aber genügend Zeit für die Durchquerung Usbekistans eingeplant haben, ist diese Aufenthaltsverlängerung kein Problem.
Am vierten Morgen nach der geplanten Weiterreise geht es Alena endlich ein wenig besser. Da ich aber in der Nacht von Durchfall geplagt wurde, entschliessen wir uns nochmals eine Nacht länger hier zu bleiben. Der Manager des Hotels nimmt es mit einem Lachen zur Kenntnis. Als bei mir im Laufe das Tages auch noch Fieber einsetzt, ist uns bald klar, dass wir hier auch am nächsten Tag nicht wegkommen. Also verlängern wir gleich nochmals.
Am nächsten Tag geht es uns beiden wieder ziemlich gut und vor dem Abendessen versichern wir dem Hotelmanager, dass wir am nächsten Morgen nun definitiv abreisen. Doch weit gefehlt. Als wir nach dem Essen zurück im Hotel sind, fühle ich mich plötzlich wieder schlecht. Der Fiebermesser zeigt eine Temperatur von 38.5 Grad. Zudem kriege ich plötzlich starke Schmerzen im Brustbereich und mache die ganze Nacht kaum ein Auge zu. Am nächsten Morgen ist definitiv nichts mit Fahrradfahren. Statt durch die Steppe von Usbekistan zu radeln erhalte ich in unserem Hotelzimmer Besuch von der Frau Doktor, welche mir Antibiotika und zwei Tage Ruhe verschreibt. Unseren Aufenthalt im Hotel verlängern wir nochmals um 2 Tage. Den Manager freut’s, obwohl er sich wohl heimlich ärgert, dass er uns einen Rabatt von 15 USD gewährt hat.
Als Alena uns am Abend in einem nahen Restaurant etwas zu essen organisiert, sieht sie in einem Hotel zwei Tourenfahrräder stehen und hinterlässt eine Nachricht. Gespannt warten wir, ob sich die 2 Tourenfahrer bei uns melden. Am 2. Tag der mir verschriebenen Ruhezeit geht es uns beiden wieder sehr gut. Im Verlaufe des Tages klopft es bei uns an der Zimmertüre. Es sind Manuela und Philipp. Eine Schweizerin und ein Deutscher, welche in Zürich zu Hause sind und im Mai in Bishkek mit dem Fahrrad gestartet sind und nun ebenfalls nach Samarkand und anschliessend nach Tadjikistan fahren wollen. Wir verstehen uns auf Anhieb super und verbringen einen gemütlichen Nachmittag zusammen. Beim Abendessen beschliessen wir, dass wir am nächsten Tag zusammen nach Samarkand aufbrechen wollen. Wir kaufen Vorräte ein und bezahlen die Hotelrechnung.
Doch es kommt wieder anders. Am nächsten Morgen um 05:30 Uhr, als wir bereits am zusammenpacken sind, klopft es an unserer Tür. Es ist Manuela. Philipp musste sich die ganze Nacht hindurch übergeben und er könne auf keinen Fall heute fahren. Wir entschliessen uns, dass auch wir nochmals einen Tag länger bleiben. Der Hotelmanager ist bereits wach und meint, dass eine Verlängerung um eine weiter Nacht kein Problem sei. Wir befinden uns in einer Endlosschleife und er kommt sich wohl langsam vor wie der Reporter im Film “Groundhog Day (Täglich grüsst das Murmeltier)”.
Am nächsten Tag geht es auch Philipp wieder besser und unser Radabenteuer kann weitergehen.
1 Kommentare